Test Kawasaki H1 500ccm

Erster ausführlicher Test aus "Das Motorrad" Ausgabe 10/1969 vom legendären "Klacks" Seite 1  2  3  4

     

DAS

MOTORRAD  fuhr
KAWASAKI MACH III 500ccm Dreizylinder Zweitakt

 
60 PS (b.h.p. mit den für Amerika zulässigen Schalldämpfern) aus 498 ccm = eine Hubraumleistung von 120 PS/Liter. Es ist die Rennmaschinennorm dieser Klasse — jedoch in diesem Falle für eine sportliche Tourenmaschine
gültig, die in größerer Stückzahl am Band gefertigt wird. Diese Leistung wird nach Angabe der Fabrik bei 7500 U/min erreicht, und bei einem Kolbenhub von 58,8 mm (Bohrung 60 mm) ist die Kolbengeschwindigkeit bei dieser Drehzahl
14,7 m/sec, bei 8500 U/min sind es ca. 16,6 m/sec, und bei 9000 U/min steigt die Zahl auf 17,6 m/sec, ein Wert, der durchaus noch im Bereich einer zu erwartenden guten Zuverlässigkeit liegt, wenn man 20 m/sec als obersten
Grenzwert für einen Motorradmotor nimmt, der in der Hand von sportlichen Leuten eine annehmbare Lebensdauer haben soll, die mit der Maschine u. a. auch aktiv am Rennsport teilnehmen. Und vom Rennsport muß man bei dieser 500er sprechen, die schon von zu Hause aus dafür genügend PS mitbringt, genau in eine für den Sport wichtige Maschinenklasse paßt und preislich bei einem Betrag von DM 4300.– ab Importeur in Hamburg für diesen Einsatz ein Schlager ist!

Wir denken, daß sich ein sehr großer Teil der Interessenten aus dem Nachwuchs im Straßensport
zusammensetzen wird. Denn auch die Fahrleistungen, und nicht nur die technischen Daten im Prospekt, werden für dies Interesse sorgen. Es ist ein Modell, das wir uns eigentlich im Programm eines europäischen Werkes erhofft hatten, das aber nicht von dorther gekommen ist: Die 500er Maschine, die gleicherweise in serienmäßiger Ausführung für den Straßenrennfahrer und für den sportlich eingestellten Tourenfahrer gedacht ist und somit zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. Man erfaßt damit eben einen erweiterten Kundenkreis.

Trotz aller anderen Besonderheiten an diesem Motorrad erscheint uns diese Tatsache am bemerkenswertesten
zu sein.

Das große Angebot auf dem amerikanischen Markt und die harte Konkurrenz veranlassen besonders die Japaner zu erstaunlichen Anstrengungen, und ein Ergebnis dieser Arbeit ist diese Dreizylinder-Zweitaktmaschine von Kawasaki.
Sie erschien nach äußerst geheimgehaltenen Vorbereitungen urplötzlich auf dem Markt (siehe auch Heft 6/1969) und setzt leistungsmäßig völlig neue Werte. Bei einem Gewicht von 185 kg mit etwa halb gefülltem Tank (Inhalt: ca. 15 Liter) haben wir ein Leistungsgewicht von ca. 3,1kg/PS, was sich für reinen Rennsportbetrieb sicherlich durch Gewichtsverminderung noch unter 3,0 kg/PS bringen ließe (Zum Vergleich: 200 kg Maschinen bei 40 PS = 5,0 kg/PS, hier als Normwert genommen). Das ergibt schon bei der Beschleunigung erstaunliche Leistungswerte für ein normales Serienmotorrad, und man getraut sich die Zahlen fast nicht hinzuschreiben: wir haben eine Messung vorliegen von 0-100 km/h in 4,2 Sekunden! Die Japaner geben die 400 m mit stehendem Start in 12,4 Sekunden an
– gemessen wurden bislang in Europa aber 13,2 bis 13,8 Sekunden, und unsere beste Beschleunigungsmessung
waren 23 Sekunden bis 175 km/h. Dabei kommen wir gleich zum Hauptproblem bei rasanter Fahrt mit dieser pfeifenden Rakete:
wie man das Vorderrad am Boden behält!
Pause.

Zwei Schalldämpfer liegen auf der rechten Maschinenseite übereinander. Das Motorrad ist keine Maschine für unerfahrene Leute!
Daß diese Maschine sämtliche Redaktionsnerven beim MOTORRAD in kreisenden Bewegungen gehalten hat, kann man sich wohl vorstellen — da gab's nur eines: das Dings mußte zum Nürburgring.
So geschah es, und die erste nach Deutschland gekommene Mach IlI gab ihr Debüt bei Meßfahrten auf dem Ring, damit man sich überhaupt erst einmal einen Eindruck verschaffen konnte. Sie war mit den für Amerika gedachten
Details ausgerüstet. Leider waren an diesen Tagen die Witterungsverhältnisse alles andere als günstig. Regen,
Nebel, schmierige Strecke, Baustellen und letzte nasse Schneefälle. Aber was will man machen — man kriegt ein solches Motorrad nicht alle Tage, und unsere Freunde und Leser sollen möglichst schnell informiert sein. Also knöpfte man den Kragen dichter; die besten Kundenzeiten lagen bei 11:50 für die 22,3 gemessenen Kilometer trotz zweier Baustellen, die das Tempo beträchtlich reduzierten. Das sind Durchschnitte um 113 km/h herum , was bei dem Streckenzustand und bei der Glätte überdurchschnittlich ist. Für die Leistung sprechen aber die erreichten
Geschwindigkeiten zwischen Kilometer 11 und 13,5 im Anstieg von Breidscheid zur Hohen Acht. • Dort drehte der Motor beim Kesselchen im vierten Gang bis an 9000 U/min heran 160 km/h , und im fünften Gang kam er dort auf
7500 U/min = 155 km/h. Auf der langen Geraden von der Döttinger Höhe bis zur Antoniusbuche drehte der fünfte Gang stellenweise noch bis 9000 U/min = 185 km/h, und aufrecht sitzend im dicken Regenanzug ging die Maschine
bei hartem Gegenwind an denselben Stellen über 160 km/h, so daß man sich am Lenker festhielt, um nicht weggeweht zu werden. Man müßte mit der Hinterradübersetzung experimentieren können; auf dem Getrieberitzel der gefahrenen Maschine waren 15 Zähne, es gibt aber auch ein Ritzel mit 16 Zähnen (45 Zähne am Hinterrad- zahnkranz), und der Unterschied sieht bei 8000 U/min so aus: 15 Zähne, im fünften Gang 163 km/h: 16 Zähne, im fünften Gang 175 km/h. Wir erwähnen dies deswegen, weil das Motorrad mit dem 15 Zähneritzel den Eindruck hinterließ, zu groß übersetzt zu sein.-
 

Der Bericht und die Bilder wurden leicht verändert im anderen Layout aus der "Motorrad 10/1969" entnommen.