Vorstellung Hercules K 125X

Die erste Vorstellung der Hercules K 125X aus dem Jahre 1971 von Hans - Joachim Mai

Hercules K125X, aus der Nähe betrachtet.

15 PS aus 125 ccm, das sind 120 PS/Liter, und damit verbindet sich immer noch das Gedankenbild eines schmalbrüstigen, nervösen Rennpferdes, das mit fünf Gängen nur knapp auskommt, dem man eine Getriebeautomatik wünschen möchte, nur um die ständige Schalterei loszuwerden. Inzwischen hat aber so manches Motorrad modernerer Bauart längst bewiesen, daß diese hochgezüchteten Pferdchen gar nicht so windig sind, daß man sogar hier schon hin und wieder mal das Schalten vergessen kann . . . wenn man auf äußerstes Temperament verzichtet. Die Hercules K 125 X (das X steht hier nicht mal so sehr aus modischen Gründen, sondern als Unterscheidung zum älteren 12 PS-Motor) scheint, so ergibt es sich aus den ersten messungslosen Fahrkilometern, auch zu diesen Maschinen zu gehören, die zwar oben eine Menge PS liefern, dabei aber in niedrigeren Drehzahlbereichen nicht völlig in den Keller fallen.
Eine Kurzbeschreibung läßt sich anhand der Bilder ansetzen: typisch Hercules die geschobene Vorderschwinge (die wenigsten wissen aber wohl, daß die Lagerung der Schwinge in Nadelbüchsen sehr sorgfältig konstruiert ist!), dann als Rahmen-Hauptteil das Rückgratrohr, das für die vielen PS durch einen 
zusätzlichen doppelten vorderen Unterzug versteift wird. 
Reifengröße 2,75-17/3,00-17, Tankinhalt 13 Liter, Bremsen ebenfalls von Sachs mit je 140 mm Trommeldurchmesser, hinten Steckachse, beide Naben mit nachstellbaren Konuslagern versehen (wie beim Fahrrad).
Lichtanlage mit Wechselstrom- Schwunglicht- magnetzünder; Batterie, über extra Spule und Gleichrichter geladen, wird nur für Blinker, Bremslicht und Hupe benutzt. (Schnarre geht ja bei 125 ccm lt. StVZO nicht mehr . . . glücklicherweise.) Scheinwerferbestückung mit 35/35 W Zweifadenlampe, aber nur 130 mm Lichtaustrittsdurchmesser: gerade ausreichend. Man muß hier ja die erreichbaren Geschwindigkeiten berücksichtigen ... das schaffte vor 15 Jahren eine 350er, und die hatte 160er Scheinwerfer!
Eine erste kurze Betrachtung aus der Nähe brachte aber neben den reinen Zahlenwerten noch einige nette Dinge zum Vorschein, die es wert sind, schon jetzt getrennt gewürdigt zu werden (und nicht erst im später folgenden Testbericht). Natürlich kommen auch bereits Kleinigkeiten zutage, die gewöhnungsbedürftig sind, doch da muß eben diese Gewöhnung abgewartet werden, um eine Wertung zu rechtfertigen.

oben: Draufsicht auf den Tacho offenbart die winzige Größe des Gerätes, einen Kult (wie die Japaner) treibt Hercules mit den Instrumenten nicht gerade. Zudem liegen die Seilzüge noch über der Skala. Sehr schön aber die Armaturen (Magura) mit den recht griffgünstigen E-Schaltern. Blinker der stabilen Ausführung, über Formschönheit streite ich mich nicht, sie sind jedenfalls zweckmäßig. Interessant: auf der Verpackung für den getrennt gelieferten Spiegel stand: "Mopedspiegel" Die Haltestange ist mit 8 mm  auch wirklich etwas dürftig. Vibriert stark.

Der Blick auf die Batterie im Bild links läßt sicher manchen japanischen Konstrukteur (und Kaufmann) zusammenzucken, denn diese Batterie hat eine Kapazität von 12 Ah (in Worten zwölf!). Üblich sind in dieser Hubraumklasse (und auch darüber zum Teil) so kleine Dingelchen mit 5,5 Ah! Neben der Batterie ist der Blinkgeber zu erkennen, der weich und vibrationssicher in Gummi hängt. Aber auf der anderen Seite findet sich der recht einfache Benzinhahn ohne Wassersack (zwar mit zweifacher Filterung), von der ein, dünnes Plastikschläuchlein zum Bing Zentralschwimmer- vergaser mit Starthilfe das Benzin führt. 

Die Bilder zeigen das Motorrad eigentlich schon recht ausführlich. In der Draufsicht wirkt es schlank, Sitzbankbreite kann zum Stirnrunzeln Anlaß geben ... so das Bequemste scheint sie nicht zu sein. Der Knieschluß zum Tank ist gelungen, etwas klein sieht der Scheinwerfer, noch kleiner der Tacho (auch im Extrabild oben links) aus. Zudem wird er von den Seilzügen verdeckt. Die vier Bilder oben von links nach rechts: Die aufklappbare Sitzbank gibt nicht etwa einen großen Werkzeugbehälter frei (der liegt auch günstig und abschließbar unterm rechten Seitendeckel), sondern nur Zugang zum Ansauggeräuschdämpfer.,mit Micronic-Papierfilter. Raffiniert die Befestigung des Schalldämpfergehäuses mittels zweier starker Gummi-Zugbänder. Beim Fahren macht sich die Abstützung der Vorderbremse direkt gegen den Schwingenarm bemerkbar, beim Bremsen richtet sich die Maschine vorn etwas auf, die Federung verhärtet dabei geringfügig (Bild Mitte oben). Im unteren der zwei mittleren Bilder ist der Fußbremshebel nicht so wichtig, interessanter die Anschlagschraube dafür, die den Endanschlag in Nullstellung festzulegen gestattet. Dies gehört zu den Feinheiten, die eben doch die lang jährige Erfahrung des Konstrukteurs verraten. Genauso die sehr schöne stabile Kennzeichenhalterung, die schließlich im rechten Bild oben mit Pfeil bezeichnet ist. Rückleuchte ausreichend groß und in der Gestaltung auch gefällig. 
Der Vergaser hat außer der Starthilfe einen Tupfer, so daß man z. B, im Winter durch kräftigeres Fluten wahrscheinlich von Startschwierigkeiten verschont bleibt. Dieser Sachsmotor ist sowieso einer der wenigen, die überhaupt keine Anspringsorgen bereiteten, auch daran merkt man, daß hier das vorläufige Endprodukt langer Erfahrungen vorliegt. Wenn etwas zu bemängeln wäre, dann eher zunächst in allgemeiner Hinsicht: Die Versicherungs-Prämiengrenze liegt bei 175 ccm ... man verschenkt mit der 125er glatte 50 ccm und etwa 4 PS. Doch das soll später im Rahmen des eigentlichen Tests diskutiert werden... Nach allem bisher Entdeckten bietet die 125er schon so viel Spaß, daß man Überlegungen dieser Art zunächst hintanstellt.                                     H.-l. M.

Links die Leistungskurve. 15 PS bei 7400 U/min werden angegeben, das sind 120 PS/Liter. Aber immerhin sind bei etwa 3700 U/min knappe 5 PS vorhanden (das wäre also bei 60 km/h im Fünften ungefähr) und man merkt auch beim Fahren: ganz so schmalbrüstig wie befürchtet ist dieser schnelle Sachs nicht.

Der Bericht und die Bilder wurden leicht verändert im anderen Layout aus der "Motorrad 12/1971" entnommen.