Viel Spitzenleistung im oberen, und hohes Drehmoment im unteren Drehzahlbereich, davon träumt wohl jeder Motorenspezialist. Gerade bei hubraumschwachen Triebwerken zeigt sich das Drehmoment-Manko meist schon im mittleren
Drehzahl- bereich sehr deutlich. In der Regel wird die Leistungscharakteristik für den jeweiligen Verwendungszweck ausgelegt. Eine Enduro muß von ganz unten heraus ziehen, und vom Straßenmotor erwartet man mehr Spitzenleistung. Daß sich diese beiden Extreme nicht optimal miteinander verbinden lassen, liegt im System der Sache.
Hochleistungsmotoren leben von Drehzahlen
Ein Hochleistungsmotor muß zwangsläufig hoch drehen, da über die Drehzahl ein wesentlicher Teil der Leistung erzeugt wird. Dazu sind sich überschneidende Steuerzeiten, hohe und große Einlaß-, Auslaß- und
Überström- kanäle nebst passender Auspuff- und Vergaseranlage notwendig. Eine derartige konstruktive Auslegung läuft aber jenen Strömungsbedingungen zuwider, die für ordentliches Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen
wünschens wert sind.
Immer mehr wurde in den letzten Jahrzehnten erkannt, daß Auslaß- und Einlaßsysteme neben ihrer eigentlichen Funktion, dem bloßen Ein- und Ausströmen, über die sogenannte
Resonanzschwingung das Leistungsband positiv beeinflussen können. Immer mehr gewinnt der Auspuff zur effektiveren Zylinderfüllung an Bedeutung.
Ein modernes, leistungsförderndes Auspuffsystem muß heute zweierlei Funktionen erfüllen.
Im selben Moment, in dem der Überstömvorgang beendet ist, also die Überströmkanäle geschlossen sind, muß ein Teil des Abgases als Resonanzschwingung den Brenn- raum im Zylinder zusätzlich
auffüllen. Die Druckwelle soll im Idealfall so lange zurückschlagen, bis der Kolben den Auslaß verschlossen hat. Und genau hier setzt Hondas Automatic Torque Amplification
Chamber, kurz ATAC genannt, an der NS 400 R den Hebel an.
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Beim Öffnen des Auslaßkanals muß durch Auspufform und -volumen der
Verbrennungsdruck- abfall zusätzlich beschleunigt werden. Erst dann kann das Frischgas ungestört und schnell
nach strömen. Im günstigsten Fall sogar bis in den Auspuffkrümmer.
Das ATAC-System verbessert die Füllung
Unterhalb von 7500/min wird eine zusätzliche Resonanzkammer im Auspuff geöffnet. Dadurch wird das Auspuffvolumen größer, die
Resonanz- schwingung im Auspuff langwelliger, also langsamer. Der Zylinderfüllungsgrad wird besser, da Motorendrehzahl und Auspuffschwingungen
miteinander harmonieren. Oberhalb 7500 Touren wird die Resonanzkammer mit einer Klappe verschlossen.
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Die Schwingungen der Gassäule werden nur durch den auf Spitzenleistung ausgelegten Auspuff gesteuert.
Die zusätzlichen ATAC-Resonanz kammern finden sich beim NS 400-Triebwerk allerdings nur an den beiden äußeren (liegenden) Zylindern. Der mittlere Zylinder ist damit nicht ausgestattet, vornehmlich aus Platzgründen.
Gesteuert wird das ATAC-System von einer Kontrolleinheit, die ihre Signale von der Zündspule des zweiten Zylinders erhält. Dort werden sie ausgewertet und dann die Ventilklappen über ein Gestänge elektromagnetisch bestätigt.
Der in den Schnittzeichnungen mit Pfeilen dargestellte Strömungs-
verlauf dient zum besseren Verständnis des ATAC-Funktions-
prinzips. Dazu ist anzumerken, daß die Gase in der Resonanzkammer nur pulsieren und diese nicht durchströmen.
Das ATAC-Auspuffsvstem ist eine Entwicklung aus dem
Rennsport. Honda verwendete diese zusätzlichen
Resonanzkammern erstmalig 1982 an den NS 500
GP-Rennmaschinen, um dem hochgezüchteten Zweitakt-
Dreizylindermotor bei mittleren Drehzahlen einen besseren
Durchzug anzuerziehen.
Zu Beginn wurden die
ATAC- Ventilklappen über einen Fliehkraftregler
mechanisch gesteuert, später dann elektronisch. Die
Impulse einer Zündspule aktivierten ab einer bestimmten
Drehzahl einen Elektromagneten, und von da aus erfolgte
die mechanische Verbindung zu den Ventilklappen über
Gestänge. Freddie Spencer gewann 1983 damit die
Halbliter- Weltmeisterschaft, worüber sich NS 400 Käufer
auch heute noch freuen dürften. Denn ihr Straßenrenner
verfügt über exakt die gleiche ATAC-Technik wie Freddies
Weltmeisterschafts-Bike.
Rennsport ist also
nicht, wie Kritiker immer wieder behaupten, sinnlose
Spielerei oder reiner Selbstzweck, sondern befruchtet
tatsächlich den Bau von Serienmotorrädern. Die NS 400 R
ist dafür wieder einmal ein Beweis.
Gert
Bender |