Test Kawasaki H1 500ccm

Erster ausführlicher Test aus "Das Motorrad" Ausgabe 10/1969 vom legendären "Klacks" Seite 1  2  3  4

     

DAS

MOTORRAD  fuhr
KAWASAKI MACH III 500ccm Dreizylinder Zweitakt

Die langhubige und sehr weich an- sprechende Ceriani-Telegabel ist kein Lizenz-Nachbau. Für die Mach III kam nur diese Spitzengabel in Frage
Oben: Die Hinterradbremse hat eine Belüftung mit „Jalousie". Dabei wäre die Belüftung der Vorderradbremse wichtiger.
Die beiden Instrumente zeigen exakt und ohne Schwankungen an. Besonders der Drehzahlmesser ist bei der Motor- Charakteristik wichtig, die dem Verhalten eines Rennmotors ähnelt.

Ein Gaszug geht zum Starterhebel, der andere zum Drehgriff. Über zwei Verteiler (einmal je drei und einmal je vier Züge) werden die Gasschieber, die Start-Zusatzschieber und die Dosierung der Ölpumpe betätigt
Das Vorderrad war beim Beschleunigen immer sehr leicht in der Luft, selbst noch beim Heraufschalten vom vierten in den fünften Gang oberhalb von 7000 U/min. Die Beschleunigung mit allem, was geht, auszufahren, war nur dann möglich, wenn man sich möglichst weit nach vom über den Tank legte. Hinter jeder Kurve mußte man also beim Gasaufreißen gewaltig aufpassen — hoppla! — das Rad war schon wieder hoch, die Maschine wurde vorn zu leicht", die saubere Spur ging verloren, und man begann zu zaubern. Die Japaner versuchen dies durch eine extrem langhubige und prima gedämpfte Telegabel von Ceriani auszugleichen (kein Lizenz-Nachbau!), die außerordentlich weich anspricht — trotzdem, das tanzende Vorderrad stellt dem rasanten und schnellen Mann schon eine besondere Aufgabe. Besonders aufpassen mußte man bei Steigungen an Kuppen oder kurzen Buckeln — da schoß das Rad hoch und man fuhr einfach bic zu 50 m oder mehr nur auf dem Hinterrad. Im Augenblick, wo das Vorderrad wieder Bodenberührung hatte (und das in Schräglage!), gab es je nach Härte des Aufsetzens einen mehr oder weniger großen Schlenker. Darauf muß man vorbereitet sein. Bevor also einer seinem Äffchen Zucker geben will, sollte er sich mit diesem unheimlichen Feuerzeug in Ruhe vertraut machen. Wir haben so etwas von geballter Ladung bei einem Serien - Motorrad dieses Leistungsgewichtes noch nicht erlebt! Und deswegen sollte man die knappere Übersetzung mit 16 Zähnen am Getriebeausgang versuchen, damit dieser Moto Cross-Eindruck auf der Straße nicht zum Vorschein kommt.
Der Abstand zwischen Vorderradachse und Kurbelwelle beträgt bei der Mach Ill in aufgebocktem Zustand 70 cm, bei der 350er Kawasaki mit einer außerordentlich guten Straßenlage beträgt dieser Abstand 64 cm. Auch diese Gewichtsverteilung wird eine Rolle mitspielen. Dabei ist der Doppelrohrrahmen dem früheren Federbett-Norton- Rahmen vor allem in der Steuerkopfpartie nachempfunden und völlig verwindungsfest.
Die Wirkung der Bremsen (vorn 206 mm 0, 35 mm Belagbreite; hinten 180 mm 0, 35 mm Belagbreite) ist abhängig von der exakten Einstellung der beiden Bremshebel der Vorderradbremse. Wenn hier nur eine Backe richtig anliegt (was wir erlebten), reicht die Wirkung nicht aus bei dem Dampf, mit dem man auf die Ecken losgeht —

Die Kurvenlage in langen, schnellen Krümmungen und auch in scharfen Ecken ist sehr gut – auf der linken Seite kratzt die Seitenstütze bei extremer Schräglage, rechts geht es weiter runter, Fußschalt- und Bremshebel sind nicht um die Auspuffrohre herumgeführt. Der Fußschalthebel für das Fünfganggetriebe liegt links. Die Getriebespannweite entspricht den Anforderungen schneller Straßenfahrt und des Rennbetriebes: 2,73, 2,39, 2,02, 1,57, 1,0. Zwischen dem vierten und dem fünften Gang ist nur eine sehr kleine Lücke — genau richtig. Das Getriebe läßt sich sehr sauber schalten und trägt erheblich zur guten Fahrleistung bei.
Der schlitzgesteuerte Dreizylinder-Zweitaktmotor hat drei Mikuni-Vergaser (28 mm Ansaugweite). Der nur 6,8 verdichtete Motor springt leicht an und dreht schnell hoch. Die Kurbelwelle ist sechsfach gelagert (da hat man nicht gespart — auch nicht mit dem Raum), Pleuelfüße und Kolbenbolzen laufen in Nadellagern. Vibrationen gibt es überhaupt nicht, und nur an dem Auspuffton und am Drehzahlmesser erkennt man die Drehzahlen. Das klingt etwa wie die Sechszylinder-Honda-Rennmaschine, wenn man in die oberen Drehzahlbereiche kommt. Dort ist man fast immer, denn unterhalb von 7000 U/min (5,85 mkg bei 7000 Ulmin) ist der richtige Mumm noch nicht da. Irgendwelche thermischen Probleme zeigten sich nicht während unserer schnellen Runden. Die drei gut verrippten Zylinder sind untereinander ja getrennt, die Luft kann ausreichend durch die Zwischenräume gelangen. Etwas Besonderes ist die kontaktlose Hochspannungs-Kondensatorzündung, die auch an der von uns gefahrenen Maschine montiert war, die aber in Europa nur für den Betrieb beim Rennsporteinsatz gedacht ist. Normal wird das Motorrad bei uns mit einer üblichen Anlage (drei Unterbrecher, drei Zündspulen) geliefert — als Grund werden die noch vorhandenen Störungen bei Fernsehgeräten angegeben, was uns Bosch-Leute bestätigten, und die Abschirmung scheint schwierig zu sein.
Auf vier Runden — um eine Verbrauchszahl zu nennen — wurden 8,9 Liter nachgetankt. Das ist ein Verbrauch von ca. 9,7 Liter auf 100 km. Das würde bedeuten, daß der Tankinhalt bei zwei Litern Reserve für etwa 135 km Radius reicht. 

Der breit angelegte Doppelrohr-Rahmen mit seinen Versteifungen hat eine sehr gute Stabilität. 

 

Der Bericht und die Bilder wurden leicht verändert im anderen Layout aus der "Motorrad 10/1969" entnommen.