Die "Deutsche Straßen-Meisterschaft" von 1974. Fahrer, Plazierungen und Maschinen.

Jahresrückblick Straße Lizenz 1974

Bei einem zusammenfassenden Rückblick auf die Saison der Lizenz-Straßenrennfahrer überwiegt am Ende leider das Negative. Dabei ließ sich die Saison - wenigstens theoretisch - ganz gut an, standen doch nicht weniger als zehn Wertungsläufe zur Deutschen Meisterschaft auf dem offiziellen Programm. Als dann mit Erscheinen der Austragungsbedingungen der OMK der genaue Plan über die Verteilung auf die einzelnen Hubraumklassen bekannt wurde, erlebten zunächst die Fahrer der 50er Klasse ihre erste Enttäuschung, da für sie nur drei Wertungsläufe vorgesehen waren. In Nebel, Schnee und Regen erhitzten sich beim Eifelrennen zwar die Gemüter, doch sank das Stimmungsbarometer unaufhaltsam, als nachfolgend auf das Debakel die völlig unverständliche Sperre über einige Fahrer verhängt wurde und mit dem Hinweis auf den Artikel 22 der „Internationalen Sportgesetze" (Verbot von Wagen- und Motorradläufen bei Straßenrennen zum gleichen Termin auf der gleichen Strecke) die Veranstalter von Freiburg, Nürnberg und Ansbach ersatzlos ihre Läufe strichen.

Inzwischen steht auch fest, daß das Avus-Rennen endgültig gestorben ist, da bei den Rennen ein Lärmpegel von 76 dBA überschritten wird. Das genügte den Berliner Richtern, auf Antrag einiger Anwohner diese traditionelle Veranstaltung für immer zu verbieten. Es bestehen für die Berliner jetzt Aussichten, auf dem Flughafen Tempelhof Rundstreckenrennen auszutragen, wenn der Flugbetrieb im Frühjahr 1975 eingestellt und völlig nach Tegel verlegt wird. Die Anwohner von Tempelhof erhielten vom Staat für viele Millionen lärmdichte Fenster. Ob diese nur gegen den Fluglärm gut waren, wird sich zeigen .. .

Wie sich in den „einzelnen" Klassen die neuen Meister durchsetzten, soll in einem kurzen Abriß rückblickend geschildert werden.

1) Ingo Emmerich
2) Herbert Rittberger
3) Gerhard Thurow
4) Wolfgang Golembeck
5) Arnulf Teuchert

Alle auf Kreidler RS

 
Beim 6-Mann-Rennen auf dem Nürburgring belegten die beiden Lizenzneulinge Emmerich und Teuchert vor Golembeck und Rüttjeroth die ersten Plätze. In den beiden verbleibenden Rennen siegte in Hockenheim Thurow vor Rittberger, dafür drehte beim Harz-Bergpreis Rittberger das Ergebnis um und schlug Thurow.
Da sich der Sieger vom Nürburgring in Hockenheim als Vierter und im Harz als Fünfter plazieren konnte, hieß der neue Deutsche Meister Ingo Emmerich, Stolberg. Vizemeister wurde Herbert Rittberger vor Gerhard Thurow, Wolfgang Golembeck und Arnulf Teuchert. Alle diese Fahrer verwendeten Kreidler-Motorräder.

 
1) Fritz Reitmaier, Maico RS
2) Wolfgang Rubel, Maico RS
3) Horst Seel, Maico RS
4) Peter Frohnmeier, Maico RS
5) Herbert Rittberger, Yamaha 
Reitmaier eröffnete die Meisterschaftssaison beim Dünsberg Rennen mit einem Sieg vor dem 1973er Jupo-Sieger der 350er Klasse, Rubel. Dritter wurde Rittberger, vor Frohnmeyer und Hoffmann. Am Nürburgring wiederholte sich das Ergebnis: Reitmaier vor Rubel, aber diesmal belegten Dittberner, Rüttjeroth und Teuchert die weiteren Plätze. In Hockenheim sicherte sich Vorjahresvize Seel als bester Deutscher die volle Punktzahl vor Rittberger, Reitmaier, Rubel und Frohnmeyer, der beim nächsten Lauf, dem Harz-Bergpreis, der Konkurrenz das Nachsehen gab. Wieder wurde Rubel Zweiter (vor Niemann, Rüttjeroth und Seel) und der Lizenzneuling führte nun in der Wertung vor Reitmaier. Die Entscheidung fiel beim Regenrennen um den Südwestpokal im Motodrom. Ganz überlegen siegte bei seinem ersten Start bei einem deutschen Wertungslauf Bender mit seinem neuen Eigenbau. Seel wurde Zweiter vor dem Vorjahresmeister Eickelberg. Rubel lief hinter Reitmaier als Fünfter ein. Die Punkte dafür mußte er aber streichen, denn nur die vier besten Resultate zählten zur Meisterschaft - und da hatte Fritz Reitmaier aus Haubersbronn einen Zähler mehr auf dem Konto, wodurch er als neuer Meister feststand. Wolfgang Rubel, Horst Seel und Peter Frohnmeier belegten in der Wertung die weiteren Plätze, sie alle verwendeten Maico-Maschinen. Herbert Rittberger fuhr als Fünfter eine Yamaha.

 
1) Horst Lahfeld, Yamaha
2) Toni Mang, 
3) Rolf Minhoff,
4) --
5) --
Durch die Streichung der Bergrennen von Freiburg und Ansbach blieben auch für die Viertelliterklasse nur drei Wertungsläufe übrig. Lahfeld gewann am „Ring" vor Hoffmann, Reitmaier, dem Lizenzneuling Heck und Scholtis. In Hockenheim war zwar Braun nach seiner begeisternden Aufholjagd bester Deutscher, doch ist anzunehmen, daß dieser Erfolg nicht gewertet wird, weil nur zwei Starts an einem Tag zulässig sind - und Braun gewann ja die Läufe der 350er und 500er Klasse. So fielen beim Maipokal die Maximalpunkte an Mang und die weiteren Punkte fielen an Merkl, Lahfeld, Pohlmann und Weidacher. Lahfeld durfte nun auf der Avus nicht schlechter als mit dem siebten Patz abschneiden, denn nur er gewann bis dahin zweimal Punkte. Mang siegte zwar erneut, aber mit dem schwer erkämpften zweiten Platz „vor der Haustüre" war für den Berliner Horst Lahfeld die Meisterschaft im Kasten. Minhoff errang im „Endlauf" mit seiner neu erworbenen Yamaha Rang drei vor dem Lizenzneuling Lehmann und Merkel, der mit diesem Resultat hinter Mang Dritter der Meisterschaft wurde.

 
1) Dieter Braun, Yamaha
2) Horst Kassner,  
3) Stephan
4) Wolfgang Rubel
5) Weidacher
Von den vier Wertungsläufen für diese Klasse (Eifelrennen, Mai und Südwestpokal Hockenheim und Avus) wurden die drei besten Resultate für die Endwertung herangezogen. Nach dem Nichtstart am Ring gewann Dieter Braun die drei restlichen Läufe - und stand damit als neuer Titelträger fest. Kassner, Sieger beim Eifelrennen und im Mai Zweiter in Hockenheim, verbuchte auch beim Südwestpokal-Rennen als Dritter wertvolle acht Punkte, ging aber auf der Avus leer aus das reichte jedoch glatt zur Vizemeisterschaft, denn Stephan konnte nach seinem zweiten Platz vom Ring und seinem dritten vom Maipokal keine weiteren Punkte erringen. Punktgleich belegen in der Endwertung Rubel und Weidacher die nächsten Plätze, wobei Rubels „Zweiter" auf der Avus (vor Heck) beachtlich war.

 
1) Helmut Kassner, Yamaha
2) Edmund Czihak, 
3) Dieter Braun, Yamaha
4) Georg Pohlmann, Yapol TZ
5) --
Der 1973er Jupo-Sieger dieser Klasse, Edmund Czihak, gab mit seinem Sieg 'beim Eifelrennen (vor Kassner, Kaletsch und Kochanski) einen guten Lizenz-Einstand. Dafür lief es beim Maipokal nicht so gut, wo Braun vor Reinhard Hiller, Kassner, Lahfeld, Pohlmann, Güttner und Czihak gewann. Am Berg - bei Neumarkt, dem dritten Wertungslauf - siegte wie im Vorjahr Pohlmann. Czihak wahrte sich mit Platz zwei vor Frohnmeyer, Kassner und Schneider seine Titelchancen, die Entscheidung mußte auf der Avus fallen. Dort diktierte aber Dodds das Geschehen und gewann überlegen vor Braun, Fellmann, Reinhard Hiller, Ilmberger und Butenuth. Czihak war Siebter, Kassner Zehnter, aber da Kassner nur einen, Czihak jedoch vier Punkte streichen mußte, fiel der Titel an Helmut Kassner, Karlsfeld. Czihak kam in seinem ersten Lizenzjahr auf Platz zwei vor Braun und Pohlmann, der wegen eines Unfalls auf der Avus nicht starten und sein Punktekonto nicht aufstocken konnte.

 
1) Schwärzel / Kleis, König
2) Schauzu / Kalauch, BMW
3) Haller / Haselbeck, BMW
4) Luthringhauser / Hahn, BMW
5) Steinhausen / Huber, König
Die meisten Wertungsläufe - zu Saisonbeginn neun - waren für die Gespanne ausgeschrieben. Übrig blieben sechs Läufe, zwei Bergrennen (Dünsberg und Neumarkt) und vier Rundstreckenrennen (Nürburgring, zweimal Hockenheim und Avus). Vom ersten Rennen an ließen die Meißenheimer Werner Schwärzel/ Karl-Heinz Kleis ihr König-Gespann so richtig laufen, und für die Konkurrenz gab es keine Chancen. Enders/Engelhardt, ihre Bezwinger in der Weltmeisterschaft, nahmen an den deutschen Läufen nicht teil. Außer dem Regenrennen beim Südwestpokal - wo sie nach überlegener Führung durch einen Defekt den Sieg an Steinhausen/Huber (König) abgeben mußten - gewannen Schwärzel/Kleis alle Läufe und mit der Idealpunktzahl 50 die Deutsche Meisterschaft. Schauzu/ Kalauch (BMW) schafften es, durch große Beständigkeit (je Zweite am Dünsberg, beim Maipokal und in Neumarkt sowie Dritte in der Eifel und beim Südwestpokal) die Vizemeisterschaft zu erringen, mit großem Vorsprung vor Haller/Haselbeck (BMW) Luthringhauser/Hahn (BMW) und Steinhausen/Huber (König). Der Verlauf der diesjährigen Straßensaison hatte große Parallelen mit dem Wetter: viel Schatten - wenig Licht. An den Fahrern dürfte es kaum gelegen haben - sie wären gern mehr als teilweise nur drei Läufe gefahren. Das unerfreuliche Geschehen um die Veranstaltungen läßt uns nur wenig optimistisch der Saison 1975 entgegensehen. Es wird sehr schwer werden, eine genügende Anzahl von Läufen für die Meisterschaft zusammenzubekommen.

 

Der Bericht wurde leicht verändert und ergänzt, im etwas anderen Layout aus der "Motorrad Dez/1974" entnommen.